Das Logo des "Gebäudetyps-e" der Bayerischen Architektenkammer.
© ByAK \ Logo: blackspace

Mehr Spielraum beim Bauen: Start von Pilotprojekten zum "Gebäudetyp-e"

München, 15. Dezember 2023. Die Bayerische Staatsregierung hat mit einer Änderung der Bayerischen Bauordnung (BayBO) im Sommer 2023 einen Grundgedanken des „Gebäudetyps-e“ im öffentlichen Recht umgesetzt. Nun starten in fast allen Regierungsbezirken Pilotprojekte. „Mit dem Erproben des ‚Gebäudetyps-e‘ stärken wir das innovative Bauen“, erklärt Bayerns Bauminister Christian Bernreiter.

Amtschef Dr. Thomas Gruber bei der Begrüßung der Bauherren und Architekten der 19 Pilotprojekte zum "Gebäudetyp-e" im Bayerischen Bauministerium.
© StMB/ Thomas Winszczyk

„Gerade in der aktuell sehr angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt bieten wir der Baubranche damit neben unserem Wohnbau-Booster eine weitere Möglichkeit, Wohnraum einfacher und bezahlbarer zu realisieren ­­– hier sogar noch erweitert auf das kommunale und staatliche Bauen. Mit den Pilotprojekten wollen wir nun herausfinden, wie gut das in der Praxis funktioniert“, so Bernreiter. „Das Interesse ist groß.“

Nun hat Mitte Dezember im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr die Auftaktveranstaltung mit Prof. Dr. Lydia Haack von der Bayerischen Architektenkammer und Prof. Dr.-Ing. Norbert Gebbeken von der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau stattgefunden. Ministerialdirektor Dr. Thomas Gruber, der Amtschef im Ministerium, hat den Minister beim Kick-off-Event vertreten.

19 Projekte in ganz Bayern

19 Bauherren aus allen Ecken Bayerns haben sich mit Pilotprojekten gemeldet, darunter 15 Wohnbauprojekte, drei kommunale Schulbauprojekte und ein Verwaltungsgebäude:

Mittelfranken

  • Fürth: Bestandsentwicklung mit Aufstockung dreier Wohngebäude, Evangelisches Siedlungswerk in Bayern GmbH (ESW)
  • Fürth: Erweiterung einer Grundschule durch Neubau für den Schul- und Ganztagesbereich, Stadt Fürth

Niederbayern

  • Landshut: Neubau von Schlichtwohnungen und Straßenkehrerstützpunkt, Landshuter Stadtbau GmbH & Co.KG

Oberbayern

  • Bad Aibling: Wohnungsbau Mietraching, B&O Parkgelände GmbH / B&O Bau GmbH
  • Gauting: Das Mooritz - mooriges Wohnen mit Kraut & Radl, BHB Projektgesellschaft Gauting GmbH
  • Germering: Kirchenschule, Kreisstadt Germering
  • Grafing: Fünf Wohngebäude, BayernHeim GmbH
  • Ingolstadt: Mittelschule Friedrichshofen, Stadt Ingolstadt
  • Ingolstadt: „Haus fast ohne Heizung“, Neubau Wohngebäude, Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Ingolstadt GmbH (GWG)
  • München: Neubau im Kreativquartier, Das große kleine Haus eG
  • München: Umnutzung Jugendwohnheim in Wohnungen, Caritasverband der Erzdiözese München und Freising e.V.
  • München: Quartiersentwicklung und Umnutzung Gewerbeflächen in Wohnen, GWG Städtische Wohnungsgesellschaft München mbH
  • München: Theaterakademie August Everding; Staatliches Bauamt
  • Rosenheim: Quartiersentwicklung Wohnungsbau Endorfer Au, Wohnungsbau- und Sanierungsgesellschaft der Stadt Rosenheim mbH

Oberfranken

  • Bamberg: Reihenhäuser auf dem ehemaligen Maiselgelände, Joseph-Stiftung Bamberg
  • Mainleus: Wohnen unter Sheddächern, Markt Mainleus

Schwaben

  • Affing: Neues Wohnen - flexibel und ökologisch, Pfundmeir UG & Co. KG
  • Augsburg-Haunstetten: 6 Wohngebäude, IGEWO GmbH & Co. Wohnungsunternehmen KG

Unterfranken

  • Würzburg: Neubau zweier modularer Wohngebäude, Siedlungswerk Nürnberg GmbH

Einfacher und experimentell

Die Pilotprojekte sollen neue Wege beschreiten, indem sie von gesetzlichen Vorschriften, Technischen Baubestimmungen und anerkannten Regeln der Technik abweichen, wo es sinnvoll ist und die Sicherheit des Gebäudes und seiner Bewohner nicht beeinträchtigt wird. Einige Bauherren wollen beispielsweise einen reduzierten Schallschutz oder eine vereinfachte Haustechnik umsetzen, alternative Baustoffe verwenden oder einen geringeren Stellplatzschlüssel ausprobieren.

Mehr Spielraum beim Bauen: Prof. Lydia Haack von der Bayerischen Architektenkammer bei ihrer Rede zu den Vorteilen des "Gebäudetyps-e".
© StMB/ Thomas Winszczyk

Die Pilotprojekte werden wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Ziel der Untersuchung ist es insbesondere, die Wirksamkeit von bauordnungsrechtlichen Erleichterungen in der Praxis zu erproben und ggf. weiteren Handlungsbedarf zu identifizieren.

Der „Gebäudetyp-e“ geht zurück auf eine Initiative der Bayerischen Architektenkammer, der sich auch die Bayerische Ingenieurekammer-Bau angeschlossen hat. Beide Kammern unterstützen die Pilotprojekte mit ihrem Engagement. Das Bauen unter dem Schlagwort „Gebäudetyp-e“ zielt darauf ab, die Vielzahl an Normen und Regelwerken auf den Prüfstand zu stellen, um mit normreduzierten und abweichenden Lösungen einfachere und damit kostengünstigere und ressourcenschonendere Gebäude errichten zu können.

Im Sommer 2023 hat das Bayerische Bauministerium dafür Artikel 63 BayBO von einer Ermessensvorschrift in eine Sollvorschrift umgewandelt, sodass nun Abweichungen regelmäßig zugelassen werden sollen, insbesondere bei Vorhaben zur Erprobung neuer Bau- und Wohnformen. Von großer Bedeutung für die dem „Gebäudetyp-e“ zu Grunde liegende Idee des einfachen Bauens wird allerdings sein, ob es gelingt, auch im Zivilrecht Möglichkeiten für Abweichungen von den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu schaffen.

Gruppenfoto der Kick-off-Veranstaltung zum "Gebäudetyp-e" im Bauministerium in München.
© StMB/ Thomas Winszczyk Gruppenfoto der Kick-off-Veranstaltung zum "Gebäudetyp-e" im Bauministerium in München.